Schlagwort-Archive: Sinn

Vom Sinn der Wechseljahre

Interview mit Ellen Cornely-Peeters, Wechseljahres-Beraterin und Autorin des Buches „Ach Meno – Eine Wechseljahre-Beraterin macht Mut“

FiW: Niemand will sie, doch wir alle durchleben sie – die Wechseljahre. Was hat es eigentlich auf sich mit dieser turbulenten Lebensphase?

In der Tat ist den meisten Frauen lediglich bekannt, dass es wohl eine turbulente Lebensphase werden wird. Mit Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwäche, Energielosigkeit und Schlafproblemen.

Dabei handelt sich weder um eine Krankheit, noch um einen Fluch, wie manche glauben mögen. Es findet lediglich eine zweite wichtige Hormonumstellung in unserem Körper statt, die, so wie auch die Pubertät, von unterschiedlichen Symptomen begleitet und sehr unterschiedlich wahrgenommen wird.

Starke Beschwerden sind auch immer Signale für uns, und es macht Sinn, sie zu hinterfragen.

FiW: Gibt es einen Stichtag, einen festen Zeitpunkt für die Wechseljahre?

Da unsere Eizellenvorräte begrenzt sind, verabschieden wir uns zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr vom Takt unseres Zyklus und damit von unserer Fruchtbarkeit. Eine Übergangsphase in unserem Leben, in der sich unser Hormonhaushalt komplett umstellt. Er signalisiert den Wechsel in einen neuen Lebensabschnitt. Das ist nicht immer einfach, macht aber durchaus Sinn.

FiW: Also tritt man in eine neue Lebensphase ein und „verdorrt“ nicht einfach, wie häufig zu lesen ist?

Leider ist die Berichterstattung rund um diese Wandeljahre sehr negativ geprägt. Alleine die Horrorszenarien über vermeintlichen Verlust der Jugendlichkeit und vielfältigen Hormon-Störungen setzt Frauen enorm unter Druck.

So kann alleine die Angst vor der Zeit des Wechsels typische Begleitsymptome wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Launenhaftigkeit enorm verstärken.

Daher ist es sehr hilfreich, den Sinn der Wechseljahre zu entdecken und die Bedeutung der Menopause zu verstehen. Je besser wir Bescheid wissen, desto besser kommen wir hindurch.

FiW: Was müssen wir denn unbedingt wissen?

Unsere fruchtbaren Jahre beginnen mit der Aktivierung der Geschlechtshormone in der Pubertät. Und damit das allmonatliche, zyklische Auf und Ab der Hormone.

Sinn und Zweck ist einzig und allein, alle 4 Wochen eine Eizelle reifen zu lassen, um eine Schwangerschaft zu ermöglichen und dadurch den Fortbestand der Menschheit zu sichern.

Zeitgleich mit der körperlichen Entwicklung verändert sich auch unsere Gefühlswelt. Egal ob Lebensfreude, Drama, Gelassenheit oder unsere Lust auf Sex. Alles ist hormongesteuert.

So sind auch bei Teenagern Stimmungsschwankungen ein untrügliches Zeichen der hormonellen Umstellungsphase. Sie entdecken die Welt der Erwachsenen, grenzen sich von den Eltern ab und machen von nun an ihr eigenes Ding.

Sobald die Libido erwacht, dreht sich (fast) alles nur noch um Sex. Es geht vor allem darum, Aufmerksamkeit zu erregen und zu gefallen. Potentielle Partner für die Fortpflanzung „anzulocken“. Sexualität wird zu einem wichtigen Bestandteil unseres Lebens.

FiW: Und das endet mit den Wechseljahren?

Nein, keinesfalls, doch die Lust auf die Lust verändert sich. Nach ca. 30 Jahren Zyklusaktivität ist der Vorrat an Eizellen in den Eierstöcken aufgebraucht. Die Hormonaktivität lässt nach, und ganz allmählich verabschiedet sich der Zyklus. Und damit auch der natürliche Hormonkick in der Zeit des Eissprungs. Wir kommen in die Wechseljahre. Die körperliche Fruchtbarkeit endet. Und damit auch das allmonatliche bluten, die Schmerzen währenddessen, die zyklisch bedingten Gemütsschwankungen. Alles vorbei. Auch die Sorge vor einer ungewollten Schwangerschaft können wir loslassen. Meno-Pause!

FiW: Klingt nach Erholung!

Das stimmt. Die Meno-Pause ist eine sinnvolle Einrichtung der Natur, denn Schwangerschaft und Geburt sind für Frauen um die 50 trotz des enormen medizinischen Fortschritts kein Pappenstiel. Und dann würden wir die Kids gut 20 Jahre begleiten müssen, bis sie auf eigenen Beinen stehen. Dann wären wir 70.

Die wenigsten Frauen wissen, dass Östrogene hochaktive Wachstumshormone sind. Gewebe von Brust, Eierstöcken und Gebärmutter muss regelmäßig auf- und umgebaut werden, um uns auf eine Schwangerschaft vorzubereiten. Doch mit zunehmenden Alter sind die Zellen weniger flexibel, was das Risiko für Wucherungen und Zellentartungen erhöhen kann. Daher macht es Sinn, dass die Hormone auf ein gesundes Maß herunterreguliert werden. Wir werden dadurch keine hormonlosen Wesen sein. Doch das Krebsrisiko für Frauen kann sich deutlich reduzieren.

Übrigens: Auch nicht zu unterschätzen sind die finanziellen Ausgaben, die wir 30 Jahre lang Monat für Monat für Verhütung und Monatshygiene aufbringen mussten. Da wird nach der Menopause nun ein ganz schönes Sümmchen frei, das wir gut in die Erfüllung unserer – vielleicht veränderten – Wünsche investieren können.

FiW: Wieso verändern sich unsere Wünsche in den Wechseljahren?

Mit sinkenden Hormonspiegel verändert sich auch unsere Gefühlswelt. Nach all den Jahren im Zeichen der Fortpflanzung, des Bemutterns und der Fürsorge (da spielt es keine Rolle, ob eine Familie vorhanden ist oder nicht), schippern wir ruhigeren Zeiten entgegen und der Blick richtet sich zunehmend auf die ureigenen Wünsche und Bedürfnisse. Auf Träume, die aus welchen Gründen auch immer, lange zurückgestellt wurden. Die nun gelebt werden möchten. Wir müssen niemandem mehr etwas beweisen. Wir machen unser Ding – ohne dass uns das Auf und Ab der Hormone uns dazwischen grätscht.

Eine wunderbare Gelegenheit also, die Weichen zu stellen und eine erfüllende Zukunft einzuläuten.

Unterstützt werden wir dabei durch die neue Hormonkonstellation, die uns selbstbewusster und mutiger macht, unsere Bedürfnisse auch einzufordern. Eine einmalige Chance, selbstbestimmter in die zweite Lebenshälfte durchzustarten.

FiW: Hältst Du das für den Sinn der Wechseljahre?

Genau. Frauen im Wechsel stehen heute mitten im Leben und haben im besten Fall noch 30 aktive Jahre vor sich. Neben den erwähnten körperlichen Erleichterungen ist diese Chance, die zweite Lebenshälfte bewusster zu gestalten, der Sinn der Wechseljahre. Die Sicht auf das Leben wird viel klarer und bewahrt uns im besten Fall davor, uns weiterhin bis zur Erschöpfung zu verausgaben.

Es lohnt also über alle Maßen, in sich hinein zu spüren. Den Fokus auf die Zukunftsgestaltung zu richten und damit so manche körperliche Herausforderung in positive Energie umzuwandeln.

Das macht Sinn! Das gibt Kraft. Das ist better Aging!

FiW: Klingt gut. Ist aber nicht für jede Frau einfach, oder?

Auch wenn es für die eine oder andere unmöglich erscheint: Es gibt Hilfe und Unterstützung in Zeiten der Unsicherheit und/oder starker Beschwerden. Und- es gibt immer eine Lösung. Besonders wirksam sind dabei persönliche Aufklärungsgespräche, wie eine aktuelle Studie der Uni Göteborg zeigt: sie können dabei helfen, körperliche Beschwerden während der Hormonumstellung langfristig zu lindern.

Weitere professionelle Wechseljahre-Beraterinnen findest Du unter www.frau-im-wechsel.de