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Früher war mehr Geschmeidigkeit

Ewa, 52, lauschte aufmerksam, als ich neulich auf einer Feier von meiner Tätigkeit als Wechseljahresberaterin erzählte. Sie zog mich in eine stille Ecke. „Ich habe so Probleme mit meiner Scheidentrockenheit. Jedes Quartal muss ich meine Frauenärztin um ein Rezept für eine Creme anbetteln. Bleibt das jetzt so? Oder kann man da was machen?“

Beratung zwischen Nudelsalat und Prosecco

Fragen wie diese bekomme ich häufiger gestellt. „Du bist doch Wechseljahresberaterin, kannst Du mir mal einen Tipp geben …?“ Gerne gebe ich dann ein paar grundsätzliche Tipps. Aber genau wie Friseur:innen nicht zur Schere greifen, wenn sie auf einer Feier nach Empfehlungen für dünnes Haar gefragt werden, Tischler:innen nicht die Säge auspacken oder Steuerberater:innen den Taschenrechner, gilt auch für die Wechseljahresberatung: Je individueller wir auf die jeweilige Frau, ihre Symptome und ihre Lebensumstände eingehen können, desto eher werden wir gute Lösungen finden können. Lösungen, die wirken. Und manchmal auch viel Geld sparen, das sonst für angebliche Wundermittel ausgegeben wird.

Ewa hat das verstanden und sich eine Beratung bei mir gegönnt. Denn ihre Beschwerden stören sie sehr. Genauso wie die Behandlung. Sie fühlt sich bei ihrer Ärztin mit einem Standardrezept abgefertigt und suchte nach alternativen Möglichkeiten.

Intimpflege ist wie Zähne putzen

Leider musste ich Ewa gleich eine Illusion nehmen: wenn in den Wechseljahren das Östrogen absinkt, neigt die Vaginalschleimhaut zur Trockenheit. Und das bleibt dann auch so. Genau, wie wir nie mit dem Zähneputzen aufhören, können wir auch nicht mehr auf die Pflege der Vaginalschleimhaut verzichten. Die Hormoncreme, die sie nutzt, ist eine wirksame lokale Behandlungsmethode der Symptome, nicht jedoch der Ursachen. Ewa war geknickt, sie hatte gehofft, mit anderen Behandlungsmethoden eine „Heilung“ erreichen zu können. Nicht mehr jedes Quartal zur Ärztin rennen zu müssen, sondern wieder unbeschwert eine gute befeuchtete Vaginalschleimhaut genießen zu können.

Feuchte Aussichten

Viele Frauen möchten auf Hormone verzichten oder auch zusätzlich ein gutes Pflege- und Verwöhnprogramm in den Alltag einbauen. Ewa und ich gingen die Möglichkeiten durch, die zu ihr passen. Denn das ist immer der wichtigste Ansatz in der Wechseljahresberatung: wenn eine Methode nicht zu der Frau und ihren Lebensumständen passt, dann nützt er nichts. Das kennen wir alle von der Empfehlung, mehr Sport zu treiben: wenn ich es hasse, in stickigen Räumen mit anderen Menschen zusammen Gewichte zu stemmen, muss ich mir für mein Krafttraining eben eine andere Alternative suchen. Sonst bleibt es bei zwei oder drei Trainingsstunden und wir brechen den Versuch ab. Ewa wollte sich gerne etwas Gutes tun, die Hormoncreme erschien ihr zu „technisch“. Daher fand sie vor allem das Yoni-Steaming, über das wir hier auch schon berichtet hatten, interessant.

Sie versprach, bei der nächsten Feier zwischen Nudelsalat und Prosecco von den Erfolgen zu berichten.

Was will ich nicht sehen?

Daniela, 52, kam zu mir, weil sie „sich etwa Gutes tun wollte“. Wie bei vielen Frauen in ihrem Alter hatte sie gleich mehrere Themen: Die eigenen Wechseljahre, die bei ihr körperlich ohne große Symptome verliefen, die emotionale Aufregung mit ihrer Tochter, die gerade das Studium abgebrochen hat und wieder ins Elternhaus gezogen ist, Stress im Job mit vielen Veränderungen und dann auch noch die Eltern, die zunehmend mehr Unterstützung brauchen. Daniela wollte das alles sortieren und einen Weg finden, genügend auf sich achten zu können, ohne die Ansprüche der anderen komplett zu ignorieren.

Wer fährt alles mit?

In unserem ersten Termin erstellten wir das „Anspruchskarussell“, eine Methode, um alle Ansprüche, die von außen und auch aus dem eigenen Inneren kommen, deutlich zu machen. Einmal angeschubst, schrieb Danielae immer mehr äußere Ansprüche auf das Karussell. Neben Tochter, Job und Eltern standen dort schnell Freundinnen, die mit ihr das Wellnesswochenende planen wollten, ihre ehrenamtlichen Aufgaben und ihr Mann, der auch Zeit für sich beanspruchte. Als sie kurz ins Stocken kam, fragte ich: „Und welche Ansprüche stellst Du selbst an Dich?“. Daniela schaute mich kurz irritiert an. Dann nahm sie den Stift und fragte mich: „Muss alles auf einen Zettel passen?“. Schnell hatte sie notiert: „Gut aussehen“, „beliebt sein“, „als Mutter nicht versagen“ und noch ein paar andere.

Seele und Körper

Während wir das Anspruchskarussell füllten, fiel mir auf, dass Daniela sehr häufig blinzelte und sich ab und zu auch die Augen rieb. Darauf angesprochen sagte sie: „Das wird auch immer schlimmer. Früher ging das mit der Klimaanlage im Büro, aber inzwischen hatte ich dreimal eine Bindehautentzündung. Also trage ich meine Kontaktlinsen nur noch in der Freizeit. Aber auch nachts ist das schlimm, es ziept und fühlt sich wie Schleifpapier an. Wird wohl das Alter sein.“

Trockene Schleimhäute

Werden vielleicht auch eher die Wechseljahre sein. Trockene Schleimhäute sind dann für viele Frauen ein Thema. Und während viele wissen, dass dadurch Vagina und Vulva trocken werden können, ist den wenigsten bewusst, dass nicht nur die Schleimhäute im Genitalbereich trockener werden können, wenn sich das Östrogen aus dem fein tarierten Hormonzusammenspiel zurückzieht. Unser Körper kleidet auch andere Ecken mit Schleimhäuten aus: Augen, Nase, Ohren, Bronchien, Magen, Darm, Harnorgane und noch ein paar weitere Ecken. All diese Schleimhäute können dieselbe Dürre durchleben. Einst glatte, feste und geschmeidige Oberflächen verändern sich, werden dünn, unelastisch und trocken. Es ist daher nicht ungewöhnlich, wenn wir auf einmal die Kontaktlinsen nicht mehr vertragen, unsere Nase gereizt ist oder es aus den Ohren krümelt.

Was hilft?

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Mit Daniela klärte ich ab, ob es noch weitere Ursachen bei ihr geben könnte und empfahl ihr den Besuch in einer augenärztlichen Praxis. Dann besprachen wir, wie sie ihren Augen mehr Feuchtigkeit zuführen kann, z.B. welche Tees als Umschläge geeignet sind oder wie Schüßlersalze helfen können. Und wir kamen zurück zum Anspruchskarussell, denn der Stress durch die vielen Ansprüche kann auch eine Rolle dabei spielen, wenn Augen gereizt reagieren. Ein schönes Beispiel, wie sich in der Wechseljahresberatung körperliche, psychische und seelische Themen vereinen können.

Daniela nahm ein paar Hausaufgaben mit. Sie wollte überlegen, welche Ansprüche sie herunterschrauben könnte. Und dabei die Augen mit einem Umschlag aus kaltem Ringelblumentee verwöhnen.