Mit mehr Wissen besser durch die Wechseljahre

„Warum wissen wir so wenig über die Wechseljahre?“

Anke ist fassungslos. Sie ist 45, leidet u.a. unter Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Schlaflosigkeit. Als sie bei ihrer Frauenärztin zaghaft fragt, ob das vielleicht schon die Wechseljahre sein könnten, bekommt sie eine harsche Abfuhr: „Quatsch. Dafür sind Sie noch zu jung!“.

Ist sie wirklich zu jung für die Wechseljahre? Durchschnittlich tritt die Menopause, die letzte Regelblutung, Anfang 50 ein. Das heißt aber nicht, dass man mit 45 Jahren „zu jung“ für die Wechseljahre ist, denn die Wechseljahre halten sich nicht an ärztliche Standards. Durchschnittlich heißt: Für jede Frau, bei der die Menopause erst mit Mitte 50 oder später eintritt, gibt es Frauen, bei denen das bereits in den 40ern der Fall ist. Allein aus diesem Grund ist die Antwort von Ankes Frauenärztin unsinnig. Zudem beginnt der Körper bereits Jahre vor der Menopause damit, die Hormonlage langsam umzustellen. Damit kann es bereits Anfang 40 zu den ersten Symptomen der Wechseljahre kommen – häufig sind das genau die drei Beschwerden, die Anke plagen. Auch wichtig zu wissen: In Ausnahmefällen können bereits Frauen unter 40 unter vorzeitigen Wechseljahren leiden, der so genannten prematuren Menopause. Entweder, weil ihr Körper das so geplant hat – was häufig in der Familie liegt, also wahrscheinlich genetisch bedingt ist. Oder, weil es medizinische Gründe gibt, z.B. starkes Untergewicht oder das operative Entfernen der Eierstöcke.

Fazit: Sind Frauen über 40 auf einmal mit dem Gefühl „Ich kenne mich gar nicht mehr“ konfrontiert oder haben körperliche Beschwerden, die sie vorher so nicht kannten, ist es wahrscheinlich, dass sich die Wechseljahre anbahnen. Vor allem, wenn auch noch der Zyklus aus dem Takt geraten ist, also kürzer, länger oder unregelmäßiger ist. Die meisten Frauenärzt:innen sind erfreulicherweise besser informiert als die von Anke. Häufig haben sie aber (zu) wenig Zeit, sich ausführlich mit der Frau und ihrer Situation auseinanderzusetzen und alle Fragen zu beantworten.

Wie erfahre ich mehr über die Wechseljahre?

Früher lebten wir enger im Familien- und Nachbarschaftsbund und bei der gemeinsamen Wäsche oder dem Einwecken der Obsternte ließen sich leicht Gespräche über Beschwerden führen und Tipps austauschen. Dann verschwand das Thema aus der Öffentlichkeit, viele Frauen sprachen noch nicht mal mit guten Freundinnen über ihre Hitzewallungen oder nächtliches Herzrasen. Seit einigen Jahren ändert sich das erfreulicherweise, so dass inzwischen jede Buchhandlung mindestens drei Bücher über die Wechseljahre im Regal stehen hat und die Anzahl der online-Foren und Apps explodiert geradzu. Damit gibt es ein neues Problem für die Frauen: Statt zu wenig Informationen zu bekommen, geht es jetzt um die Frage: „Wem soll ich glauben?“

Anke ist eine Frau, die schnell handelt. Sie hat sich in mehreren Foren zum Thema Wechseljahre angemeldet, viel über mögliche Behandlungsmöglichkeiten gelesen und einiges selbst ausprobiert. Mit unterschiedlichem Erfolg – vom Salbeitee gegen das Schwitzen bekam sie Herzrasen, Mönchspfeffer-Tabletten halfen bei ihr gar nicht. Von einer Kollegin hatte sie dann von der Wechseljahresberatung gehört und einen „Neu in den Wechseljahren„-Termin mit mir ausgemacht.

Wechseljahresberatung: Zwischen ärztlicher Beratung und Tipps aus dem Internet

In der „Neu in den Wechseljahren“-Beratung geht es den Frauen häufig darum, einmal unbelastet über ihre Beschwerden zu sprechen und ohne Zeitdruck Fragen stellen zu können. Eine der häufigsten Fragen lautet: „Ist das (noch) normal?“ Oft hilft schon ein einfaches „Ja!“. Es entlastet, zu wissen, dass sich viele Symptome durch Veränderungen des Hormonhaushalts erklären lassen und dass sich viele Symptome auch wieder legen, wenn der Körper ein neues Gleichgewicht gefunden hat.

Ich gehe mit Anke das „Angebote der Wechseljahre„-Bild durch. In den drei Bereichen „psychisch-seelisch“, „uri-genital“ und „körperlich“ sind typische Symptome der Wechseljahre aufgelistet. Mir ist dabei eine humor- und liebevolle Sprache wichtig, denn so können die Frauen „ihre“ Beschwerden neu betrachten und besser mit ihnen umgehen. Anke macht bei fast allen Beschwerden ein Kreuz: „Kenne ich alles!“. Auf Nachfrage stellen wir dann aber fest, dass es nur einige Symptome sind, die ihr wirklich Probleme verursachen.

Anke hat sich in den letzten Monaten bereits gut informiert über das Zusammenspiel der Hormone im Zyklus und die Veränderungen, die sich in den Wechseljahren ergeben. Davor ging es ihr wie den meisten Frauen: Wir wissen, dass es die Wechseljahre gibt. Wir kennen auch die Tante, die beim Familienkaffeetrinken immer ihren Fächer herauszog. Wir haben uns heimlich schon mal beim Wutausbruch einer älteren Kollegin gefragt, ob die Hormone mit ihr durchgehen. Aber warum das alles passiert – das ist den wenigsten Frauen klar. Gerade, wenn sie mit der Pille verhütet haben, ist häufig auch wenig Wissen über den eigenen Monatszyklus vorhanden. Und dann stolpert man irgendwann eben in den Wechseljahre. „Warum wissen wir das nicht!“.

Abwarten und Teetrinken hilft. Wissen auch.

In einer norwegischen Studie hat man nachweisen können, dass eine gute Aufklärung über die körperlichen Veränderungen in den Wechseljahren dabei hilft, mit den Symptomen umzugehen. Daher hilft vielen meiner Klientinnen bereits eine einzige Beratungsstunde. Andere brauchen mehr. In diesen Fällen erarbeiten wir in weiteren Terminen gezielt Strategien für den Umgang mit bestimmten Symptomen. Einige Frauen nutzen die Beratung bei mir auch, um die Hormonsprechstunde in der frauenärztlichen Praxis vorzubereiten. Und bei manchen Frauen stehen gar nicht die körperlichen Themen im Mittelpunkt, sondern sie wollen in einem Coaching ihren eigenen Weg finden, die zweite Lebenshälfte positiv, energie- und lustvoll zu gestalten.

Erfolgsmeldung: „Ich kann wieder schlafen!“

Bei Anke stand die Schlaflosigkeit im Fokus. Da sie Schlafmittel und Hormone ausschloss, schlaffördernde Tees bei ihr nicht halfen und sie sich auch nicht vorstellen konnte, ihr Schlafzimmer in Lavendeldüfte zu tauchen, stellte ich ihr mentale Einschlaftechniken vor. Zwei Tage nach der Beratung schickt Anke mir eine E-Mail: „Der Tipp hat super funktioniert. Allein das war die Beratung „Neu in den Wechseljahren“ schon wert!“